[Antijüdische Stimmungen] [Recht des 19. Jahrhunderts] [Juden an Rhein & Sieg]  [Synagogengemeinde]

Blatt 33



No. 2975. ..?: 26/5 43. No. 283

Anlaß eine Regierungs-Verfügung vom 1ten d.Mts.
veranlasse ich Euer Wohlgeboren hiermit, mir längstens
innerhalb zwei Wochen über folgende das Judenwesen
betreffende Puncte genaue und zuverlässige Auskunft zu geben.

Der Abkürzung halber wollen Sie in Ihrem Berichte
es dabei aber ja nicht an der nöthigen Vollständig-
keit fehlen lassen damit Rückfragen vermieden werden.

1.
An welchen Orten bestehen Synagogen oder zu gottes-
dienstlichen Versammlungen dienende Judenschulen? Sind
dieselben Eigenthum der Juden oder von denselben
blos gemiethet? Wie viele Juden und welche Ortschaften
gehören zu den einzelnen Synagogen-Bezirken,
und halten sich alle innerhalb derselben wohnenden
Familienhäupter resp: alle volljährigen und selbst-
ständigen Juden wirklich zu dieser Synagogen-
Gemeinde?
2. Haben und üben alle Mitglieder eines jüdischen
Synagogen-Verbandes ein volles Stimmrecht in den
Gemeinde-Angelegenheiten?
3. Wie werden die Gemeinden in Bezug auf die Cultus-
Angelegenheiten repraesentiert, und welches sind die Func-
tionen und Befugnisse dieser Vorsteher?
4. Welche Gemeinden haben einen Rabbiner; wie wird derselbe
erwählt resp: bestätigt und wie kann er entlassen werden?
Auf welche Weise hat er seine sittliche und intellectuelle
Qualification nachzuweisen? Von wem und in welcher
Art wird er besoldet, welches sind seine einzelnen Func-
tionen und in welchem Amts-Verhältnisse steht er zu
dem Vorstande?
5. Welche zu dem Cultus in Beziehung stehende Personen gibt
es noch ausser den Rabbinern, namentlich in den Orten, wo sich
keine Synagogen befinden, und wie, von wem, auf wie lange
werden sie erwählt, wie besoldet und wie entlassen?
6. Worin besteht das Gemeinde-Vermögen; finden sich namentlich
besondere Fonds oder Stiftungen für Kranke<n>- und Armenpflege,
Beerdigungen etc., und wer verwaltet sie? Gibt es irgendwo
noch besondere Judenkirchhöfe?
7. Wie und von wem werden die Cultuskosten oder sonstigenGemeinde-
Beiträge und Lasten repartiert und eingezogen?
8. Übt die Gemeinde resp: Vorstand ein /:geistliches:/ Strafrecht
gegen die einzelnen Mitglieder aus und in welcher Weise
wird der Bann noch gehandhabt und von wem? Wer
entscheidet Streitigkeiten in Gemeinde- und Cultus-An-
gelegenheiten? Sind deshalb Spaltungen vorhanden, worin
äußern sich dieselben, welche Parthei bleibt die numerische
Majorität, und welche die neologische oder die altgläubige
läßt sich etwa als die sittlich bessere bezeichnen?
9. Hat die deutsche Sprache bei dem Gottesdienste Eingang gefunden
und wie weit? Wird auch gepredigt; findet eine der
Confirmation der Kinder in der christlichen Kirche
nachgebildete oder ähnliche Aufnahme derselben in die
Gemeinde Statt und was ist in Bezug auf Nachahm[ung (?)
christlicher Riten und Gebräuche insbesondere bei der T[ätigkeit (?)
der Cultus-Beamten, sonst etwa zu bemerken?
10. Wer ertheilt den jüdischen Kindern den Religions-Unter[richt
und unter wessen Aufsicht? /: NB. In den Listen über
den Schulbesuch der Judenkinder wird häufig bemer[kt
daß die Eltern den Religions-Unterricht ertheilen [.
Dies ist (?) bei vielen ein bloßes Vorgeben, resp:[
besteht dieser Unterricht und nach welchen Grund[sätzen
und Lehrnormen wird er ertheilt? /.
11. Haben die Juden zur Unterhaltung der christli[chen
Kirchen und Pfarrer irgendwo beizutragen und [worauf
beruht diese Beitragspflicht.
Allner den 15.ten April 1843
Der Landrath
in Vertretung
der Kreis-Deputierte
.... (?)

An
den Herrn Bürgermeister Braschoss
Wohlgeboren
zu
Stockem


[..... = nicht lesbar wegen Beschädigung, bzw. Heftrand

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"Gewalt beendet keine Geschichte"
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