[Recht des 19. Jahrhunderts] [Juden an Rhein & Sieg] [Synagogengemeinde]

Antijüdische Stimmungen in vorigen Jahrhundert



Im folgenden soll nun beschrieben werden, wie sich das Verhältnis zwischen den Juden und der übrigen Bevölkerung darstellt:
Ein sicherlich extremer Vorfall in diesem Zusammenhang muss sich 1873 ereignet haben. (Das Datum lässt sich über die im Standesamt aufgefundene Sterbeurkunde ermitteln.)
Aufgrund der Einseitigkeit der vorliegenden Quelle müssen die Angaben mit etwas Vorsicht betrachtet werden, für eine umfassende Beurteilung des Vorfalls müsste man auch die Gegenseite, sprich die Montanisten, zu Wort kommen lassen oder über eine neutrale Schilderung verfügen :

In einem 1983 wiedergefunden Brief wird berichtet, wie nach dem Tod der Ehefrau das zu Rheidt wohnenden Handelsmannes Isaak Cahn, das Haus der Verstorbenen von Ultramontanisten belagert wurde. Bei diesen Montanisten handelt es sich um eine christliche Sekte, deren Anhänger erzkonservativ katholisch waren. Ihr besonderer Hass richtete sich gegen alle Andersgläubigen, insbesondere Protestanten und Juden. Nach Darstellung des Autors dieses Briefes, Samuel Cahn, schrien und tobten die Montanisten zunächst vor dem Haus der Verstorbenen und begannen später das Haus und die Menschen im Hof des Hauses mit Ziegelsteinen zu bewerfen. Im Anschluss daran konnte der Sarg nur mühselig durch die Menschenmenge auf die Straße getragen werden.
Unter Spottrufen ("Et es ´ne Jud jebasch") und Verfolgungen gelang es den Sargträgern schließlich, den Ort des Geschehens zu verlassen.

Allgemein lässt sich sagen, dass antijüdische Ausschreitungen zwar vorkamen, deren Ausmaß aber gering war. In diesem Zusammenhang "Hep-Hep Krawalle" zu nennen, bei denen es in der Folge einer antijüdische Stimmung 1818 in ganz Deutschland zu Plünderungen, Tumulten und dem Einwerfen von Fensterscheiben kam. Im Rheinland waren aber nur wenige Orte betroffen: Koblenz und Bad Kreuznach. Es gab jedoch hier antijüdische Stimmen, beispielsweise die das Kölner Oberpräsidenten Solms - Laubach, welche zu Beginn des 19. Jahrhunderts erheblichen Einfluss hatte. Dieser prangerte besonders die umfangreichen Geldgeschäfte der Juden an und die Macht, die sie durch ihr Kapital besaßen. Dies traf jedoch für die Juden der Rhein - Sieg Raumes nur in sehr geringen Maße zu. Lediglich in Bonn war die jüdische Bevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wohlhabender als die übrige Bevölkerung geworden. Erneut kam es zu Ende des 19. Jahrhunderts zu antijüdischen Tendenzen. In diesem Kontext ist der Politiker und Historiker Heinrich von Treitschke zu nennen, der diese Bewegungen publizistisch unterstützte, ferner der Hofprediger Stoecker und verschiedene antijudaistische Gruppierungen.


"Gewalt beendet keine Geschichte"
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