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Juden an Rhein und Sieg



Wann genau zum ersten Mal Juden innerhalb des Niederkasseler Stadtgebietes siedelten, ist nicht ganz geklärt.
Ein Bericht aus dem Jahre 1934 anlässlich der 800 - Jahrfeier Mondorfs gibt an, dass bereits 1647 in Mondorf drei Juden gelebt haben sollen, wobei jedoch die dazugehörige Quelle nicht bekannt ist. Ein weiterer Artikel neueren Datums über die Pfarrgemeinde Mondorf im Jahre 1717 spricht von nur einem alten Mann in dieser Zeit, welcher nicht katholisch war. Theoretisch kann es sich hierbei um einen Juden, aber auch um einen Angehörigen einer anderen religiösen Anschauung (z.B. Protestant) gehandelt haben.
Der erste nachweisbare Fall eines "Niederkasseler" Juden ist der des Isac Bornheim aus Mondorf. Hierbei handelte es sich um einen Juden, welcher mit der katholischen Kirche in Berührung kam, was dazu führte, dass Informationen über diesen Mann (im Pfarrarchiv Siegburg St. Servatius) erhalten blieben: Isac Bornheim, welcher von Geburt an geistig zurückgeblieben war, wurde im August 1747 in der katholischen Pfarrkirche zu Mondorf auf den Namen Laurenz getauft. Wahrscheinlich war es im Zuge einer Volksmission, welche sich noch barocker Methoden bediente, zu der Taufe des Juden gekommen. Danach lebte Laurenz Bornheim mehr als 20 Jahre in Mondorf als Bettler, meist von christlichen Bewohnern unterstützt, die ihre Freigiebigkeit ihm Gegenüber mit dessen Taufe begründet hatten. Laurenz Bornheim verstarb plötzlich im Dezember 1770. Interessant ist der Kompetenzstreit, der sich nach seinem Tode über seinen Leichnam abspielte.
Was war geschehen? Zunächst war L. Bornheim auf dem jüdischen Friedhof in Schwarz - Rheindorf nach jüdischem Ritus beerdigt worden, was auf Anordnung des damaligen bergischen Landesherrn, des Kurfürsten Karl Theodor, geschehen war. Auf den Einspruch des Pfarrers von Vilich, in dessen Pfarrei der jüdische Friedhof lag, bei seinem geistlichen und weltlichen Vorgesetzten, dem Erzbischof von Köln, wurde der Leichnam des Laurenz Bornheim exhumiert und auf dem christlichen Friedhof im benachbarten Vilich nach katholischem Ritus ein zweites Mal beigesetzt.
Isac Bornheim war zu dieser Zeit jedoch nicht der einzige Jude in Mondorf. Dies ergibt sich daraus, dass er bei jüdischen Angehörigen übernachtete und bei diesen auch verstorben ist. Vermutlich wird es sich jedoch nur um wenige Juden in Mondorf gehandelt haben, die namentlich jedoch nicht bekannt sind. Nur außergewöhnliche Vorfälle (wie bei Laurenz Bornheim) schlugen sich in den Akten nieder, über das Alltagsleben oder die soziale Stellung der damals in Mondorf lebenden Juden lässt sich also nur spekulieren: Grundsätzlich war es so, dass an der Wende vom Mittelalter zur frühen Neuzeit die Juden aus den Städten verdrängt worden waren und sich daraufhin in den ländlichen Regionen überwiegend dem Vieh- und Hausierhandel widmeten.
Es gab jedoch auch Juden, welche in anderen Bereichen tätig waren: So bildete sich zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert eine Sozialschichtung heraus an deren Spitze das sogenannte Hofjudentum stand, welches sich aus Juden zusammensetzte, die (z.B. als Lieferanten für Waffenlieferungen) gute Beziehungen zu den jeweiligen Landesherren pflegten. Eine eigene soziale Gruppe stellten die Rabbiner und Ärzte dar. Der Arztberuf wurde übrigens deshalb so gerne gewählt, weil Juden im akademischen Bereich nur freiberufliche Tätigkeiten möglich waren. Ferner gab es eine kleine Mittelschicht zu der etwa dörfliche Viehhändler gehörten.
Die Unterschicht wiederum bildeten die Mehrzahl der armen Landjuden und die umherziehenden "Betteljuden".
Im Unterschied zum heutigen Stadtgebiet Niederkassels lassen sich jüdische Siedlungen in angrenzenden Regionen bereits wesentlich früher nachweisen. In Siegburg beispielsweise bestand eine jüdische Gemeinde mindestens seit dem 11. Jahrhundert. Siegburg war zu dieser Zeit Asyl für Juden, da sie unter dem Schutz der Äbte Zuflucht fanden, weshalb Israeliten aus Köln und anderen Rheinstädten kamen. Es gab jedoch auch Zeiten der Verbannung der Juden aus Siegburg, so zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert.

Informationsquelle : Linn, H. Juden an Rhein und Sieg, Siegburg 1983


"Gewalt beendet keine Geschichte"
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