Rechtliche Grundlagen im 19. Jahrhundert
Die oftmals noch
"mittelalterlichen" Bedingungen, unter denen die Juden am
Ende des 18. Jahrhunderts lebten, änderten sich mit der
Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch die Franzosen enorm.
Beschränkungen in jeglicher Hinsicht, unter denen die Juden zu
leiden hatten, wurden (zunächst zumindest) aufgehoben und den
Juden wurde das volle Bürgerrecht zuerkannt. Anders sah es im
rechtsrheinischen Rhein - Sieg - Raum aus : Hier übten die
Franzosen trotz zeitweiliger Besetzung geringeren Einfluss aus, so
dass auch die Napoleonische Judengesetzgebung nicht durchgesetzt
wurde. Nach Abzug der französischen Truppen aus dem Herzogtum
Berg im Jahre 1801 kam es sogar zu einer Verbesserung im Schulwesen
für die Juden. Nach der Neuordnung Europas auf dem Wiener
Kongress 1815 ergab sich schließlich folgendes Bild
hinsichtlich der Judengesetzgebung:
Die rechtsrheinischen Juden
waren den übrigen Bürgern in rechtlicher Hinsicht
gleichgestellt, für die Namensgebung (keinen festen
Familiennamen) und die synagogale Ordnung galten jedoch noch die
mittelalterlichen Regelungen. Diese Gesetze waren jedoch nicht für
den gesamten Preußischen Staat gültig, da es zu dieser
Zeit achtzehn verschiedene Judengesetzgebungen innerhalb der neuen
Grenzen Preußens gab. Eine Hinterlassenschaft der Franzosen
führten jedoch auch die Preußen weiter: Das sogenannte
"infame Dekret", welches wirtschaftliche Beschränkungen
für die Juden festlegte. Eine weitere wichtige Regelung des
Preußischen Staates betraf die allgemeine Annahme fester
Familiennamen seitens der Juden, was noch nicht in allen Teilen des
Staatsgebietes geregelt worden war, so auch nicht im
rechtsrheinischen Rhein - Sieg - Raum. Nach aufwendigen
Vorbereitungen erließ König Friedrich Wilhelm IV. 1845
eine Kabinettsorder, in der alle selbständigen Juden
aufgefordert waren binnen 14 Tage eine Erklärung über ihren
gewählten Namen abzugeben. Auch das "Gesetz über die
Verhältnisse der Juden" von 1847 trug zu deren weiteren
allmählichen Emanzipation bei. Die Juden erhielten zumindest dem
Wortlaut nach die gleichen Rechte wie die christlichen Bürger.
Nach wie vor wurden sie jedoch von wichtigen Staatsämtern
ferngehalten. Im zweiten Teil diese Gesetzes wurden die Kultus- und
Unterrichtsangelegenheiten geregelt. Jüdische Schüler
sollten die öffentlichen Schulen des jeweiligen Ortes besuchen,
auch eigene jüdische Schulen bei ausreichender Schülerzahl
waren vom Gesetz her erlaubt. Was die religiösen Angelegenheiten
betraf, so war die Regelung vom Gedanken des Staatskirchentums
getragen, was den Juden eigentlich fremd war: So kamen dem Staat
wichtige Aufsichts- und Kontrollrecht zu, es wurden Synagogenbezirke
mit weiter unterteilten Einzelgemeinden gebildet.
Doch dem Gesetz
folgte auf Grund von langwierigen Verhandlungen und zahlreichen
Verzögerungen seitens der preußischen Verwaltung erst 1864
das Inkrafttreten des "Status für die Synagogen - Gemeinde
des Siegkreises". Hierin wurde, dem Gesetz von 1847 folgend, das
Geneindeleben genauer als vorher geregelt. Ein Charakteristikum war
die Übernahme des preußischen Dreiklassen - Wahlrechts für
die Wahl der Repräsentanten der Synagogengemeinde, was erst 1920
durch die Einführung der gleichen, geheimen und direkten Wahl
verändert wurde. Doch was bedeuteten diese Veränderungen
für die Mondorfer Gemeinde. Zunächst wurde der bereits
bestehende Zustand hinsichtlich der Zugehörigkeit der Juden aus
Mondorf, Rheidt, Bergheim und Sieglar zu Mondorfer Synagogengemeinde
festgelegt, die Bürgermeistereien Niederkassel und Sieglar
wurden der Spezial - Synagogengemeinde Mondorf zugeteilt. Ferner
wurde die rechtsverbindliche Handlungsfähigkeit für die
Mondorfer Synagogengemeinde geregelt. Welche konkreten Auswirkungen
dies hatte zeigt folgender Vorfall: Bereits 1862 war auf einem von
Isaac Cahn angekauften Grundstück eine neue und größere
Synagoge errichtet worden, da die Zahl der Gemeindemitglieder
zugenommen hatte. J. Cahn hatte nach der alten Regelung als
Privatmann für das Grundstück zu sorgen. Wäre 1864
nicht das neue Statut in Kraft getreten, hätte dies
möglicherweise die Zwangsversteigerung der Synagogen zu Folge
gehabt. Denn im Jahre 1864 musste eine an dem Privatgrundstück
J. Cahns Schuldforderung eingelöst werden. Doch gerade zu dem
Zeitpunkt hatte sich die Synagogengemeinde des Siegkreises als
Körperschaft öffentlich Rechts konstituiert und war somit
auch für die Vermögensverhältnisse in den Spezial -
Synagogengemeinden verantwortlich. Die Versteigerung der Synagoge
konnte durch die Aufstellung eines Schuldentilgungsplanes seitens der
neu gebildeten Körperschaft abgewendet werden, wobei die
Mondorfer Gemeinde ihre Schulden innerhalb der nächsten 10 Jahre
abbezahlen musste
"Gewalt
beendet keine Geschichte"
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