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Anmerkungen zur Geschichte der Mondorfer Juden
kurz gefasste Informationen für Schüler und alle Interessierten


In Mondorf lebende Juden sind seit dem 18. Jahrhundert nachweisbar, da es über zwei davon archivalische Unterlagen gibt :

über den geistig zurückgebliebenen Juden (Laurenz) Isac Bornheim, der 1747 in der Mondorfer Pfarrkirche auf den Namen des Kirchenpatrons Laurentius getauft und anschließend in den christlichen Familien „durchgefüttert" wurde, jedoch weiterhin bei seinen jüdischen Verwandten übernachtete und bei ihnen auch im Dezember 1770 verstarb; seine Bestattung auf dem jüdischen Friedhof im kurkölnischen Schwarzrheindorf wurde auf Geheiß des Kölner Erzbischofs und dortigen Landesherrn durch eine zweite Bestattung nach katholischem Ritus im Januar 1771 auf dem Pfarrfriedhof Villich ersetzt, worüber im Pfarrarchiv St. Servatius Siegburg Unterlagen existieren;
außerdem über die unverheiratete Jüdin Sarah Isac, die vermutlich bei einer (jüdischen) Familie in Mondorf in Stellung war und deren Taufe 1772 vom Mondorfer Pfarrer abgelehnt wurde, weil der Pfarrer ihrer angeblichen Heimatgemeinde Miltenberg/Main bei den dortigen Juden Widersprüche zu ihren Aussagen aufdeckte.

Im Mittelalter waren die Juden durchweg in den Städten ansässig; von dort vertrieben ließen sie sich häufig in der Nähe an günstigen Plätzen nieder. Mondorf (ursprünglich. Mundorf = Mündungsdorf) war für die Juden schon deshalb ein solcher, weil am Zusammenfluss von Sieg und Rhein auch eine politische Grenze verlief : südlich der Sieg war kurkölnisches Gebiet, in dem der Erzbischof als Landesherr fungierte, nördlich (also auch in Mondorf) herzöglich - bergisches Territorium.
Die im bergischen Mondorf lebenden Juden beerdigten übrigens bis 1883 ihre Toten im kurkölnischen Schwarzrheindorf auf dem dortigen jüdischen Friedhof.

Das älteste Dokument, das vom Zusammenleben der Mondorfer Juden zeugt, ist auch gleichzeitig das älteste Dokument im Niederkasseler Stadtarchiv:

Am 16. 01. 1817 nahm der Mondorfer Bürgermeister ein Protokoll über eine Regelung der Sitzordnung in der als „Schule" bezeichneten, auf einem Gartengrundstück des wohl begüterten Handelsmannes Bonnem Levi errichteten hölzernen Synagoge auf, die als Versammlungsort für Gottesdienst, Lehrbetrieb und Gemeinde diente.

Von den drei Unterzeichnern unterschreibt einer hebräisch.
1841 wurde eine weitergehende Synagogenordnung vereinbart.

Nachdem 1862 auf einem von Isaac Cahn angekauften Grundstück eine größere steinerne Synagoge errichtet wurde, ist der o. g. Holzbau 1868 zusammengestürzt.

Der Staat Preußen, zu dem das Niederkasseler Stadtgebiet ja seit dem Wiener Kongress 1814/15 gehörte, übernahm 1847 die meisten französischen Regelungen zur Behandlung der Juden, wozu auch die Organisation von Gemeinden nach dem „Flächenprinzip" gehörte. Bedingt durch die Revolution 1848/49 wurde die Umsetzung verzögert und erst 1863 eine Synagogengemeinde für den Siegkreis begründet, die - wie die christlichen Gemeinden auch - eine Körperschaft Öffentlichen Rechts war. Als kleinere, dieser Gemeinde unterstehende Einheiten wurden Spezialsynagogengemeinden begründet, u. a. auch in Mondorf - zu dieser gehörten auch Rheidt, Bergheim/Sieg und Sieglar.

1872 wird die stärkste Mitgliederzahl der Gemeinde überhaupt verzeichnet (s. u.).
Seit 1883 existiert nahe der Gemarkungsgrenze zwischen Mondorf und Bergheim auf Mondorfer Seite ein eigener jüdischer Friedhof, auf dem die letzte Beisetzung 1941 erfolgte.

In der Zeit der Verfolgung löste sich die Gemeinde zu Teilen auf. Die verbliebenen Mitglieder wurden zunächst in sogen. „Judenhäusern" zusammengefasst, dann 1941 in ein Lager nach Much verbracht und von dort aus 1942 „nach Osten", die allermeisten zunächst nach Theresienstadt, verbracht.
Sie sind dort gestorben oder in Vernichtungslager weiter deportiert und ermordet worden.
Hierhin ist niemand zurückgekehrt; es gibt aber einige wenige, von denen bekannt ist, dass sie den Holocaust überlebten.

Die 1862 errichtete, an der Provinzialstr., kurz vor der Einmündung Meindorfer Str. gelegene Synagoge wurde in der „Reichspogromnacht" nach Mitternacht, also am 10. November 1938, teilweise zerstört. Die Täter sind offiziell unbekannt, gerüchteweise aus Wuppertal. Eine Mondorferin, mit der ich gesprochen habe und die als Kind das Geschehen verfolgte, hat jedoch Mondorfer erkannt, deren Namen sie nicht nennen möchte ...

Die Synagoge ist nach dem Krieg von der Bonner Synagogengemeinde als Rechtsnachfolgerin rechtmäßig verkauft, dann wiederaufgebaut und längere Zeit als Werkstatt genutzt worden. Von der Meindorfer Str. aus ist der ursprüngliche sakrale Charakter des Bauwerks noch erkennbar.

Mitgliederstärke der Mondorfer Synagogengemeinde :

1846

1863

1872

1933

1935

Mondorf

24

18

36

20

Rheidt

17

40

45

25

Bergheim

21

17

29

8

Sieglar

6

4

14

5

insgesamt

68

79

124

58

46

 

 

 

 

 







Informationsquellen :

Linn, H., Juden an Rhein und Sieg, Siegburg 1983
Notizen zum Vortrag Linn am 15. 6. 1997 in der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg", Rosbach


"Gewalt beendet keine Geschichte"
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